
Geschichte der stadt
Geschützt von sanften Hügelketten und vom klaren Wasser des Meschio durchfl ossen, liegt das Städtchen
Vittorio Veneto zu Füßen der Trevisaner Voralpen. Der Ort befi ndet sich 138 Meter über dem Meeresspiegel,
auf halbem Wege zwischen Cortina D´Ampezzo und Venedig und zählt ungefähr 30.000 Einwohner.
Ursprünglich existierten zwei verschiedene Städte, Serravalle und Ceneda, die, obwohl in unmittelbarer
Nachbarschaft gelegen, schon seit jeher getrennt und zeitweise sogar verfeindet waren. Erst im Jahre 1866,
als das Veneto Teil des italienischen Königreichs wurde, schlossen sich die beiden Gemeinden zusammen
und gaben sich zu Ehren des damaligen Königs Vittorio Emanuele II. den Namen Vittorio. Am 22.Juli 1923
wurde Vittorio zur Stadt erhoben und der Name wurde zu Vittorio Veneto. In den Geschichtsbüchern wird
Vittorio erwähnt, weil in seiner Umgebung während des Ersten Weltkrieges und genau vom 24. Oktober bis
3. November 1918 die entscheidende Schlacht stattfand, welche die definitive Zerschlagung der feindlichen
Linien bewirkte: am 30.Oktober marschierten die italienischen Truppen in Vittorio ein und befreiten so
die Stadt von den Österreichern, die die Stadt nach der Niederlage von Karfreit besetzt hatten. Vittorio
Veneto wurde wegen seiner stolzen und ehrenhaften Haltung während der feindlichen Besetzung 1919
das Verdienstkreuz verliehen. Im zweiten Weltkrieg waren auf den Bergen um Vittorio diverse Partisanen-
Gruppierungen aktiv, die gegen die Besatzungsmacht, die Truppen Hitlers kämpften. Nach Kriegsende
wurde der Bevölkerung die goldene Tapferkeitsmedaille verliehen.
Im Norden der Stadt, in dem tiefen Taleinschnitt zwischen dem Monte Marcantone und dem Monte Baldo
liegt Serravalle. Seit dem Altertum lag der Ort somit an einem strategisch wichtigen Punkt der Handels-und
Kommunikationswege.
Wenig erhalten ist heute noch von der einst römischen Besiedlung aus dem 1.Jahrhundert v.Ch., einer
Anlage zu Verteidigungszwecken, deren Kernstück das Castrum in der Talenge von Serravalle bildete. Diese
Anlage war der Vorposten zur Verteidigung der römischen Stadt Opitergium (heute Oderzo). Leider sind
von der Gesamtanlage nur noch einige Türme und Mauern an den umliegenden Hängen erhalten geblieben.
Die städtische Entwicklung Serravalles begann nach der langobardischen Herrschaft im 12.Jahrhundert
unter der Familie Da Camino, die von 1154 bis1335 die Macht in den Händen hielt und in dieser Zeit ihren
Herrschaftsbereich bis nach Belluno, Feltre und ins Cadore ausweitete. Dank des Handels mit dem Cadore
und dem Gebiet von Belluno entwickelte sich die Stadt über die Grenzen des Castrums hinaus und 1226
umgab Gabriele II. Da Camino sie mit einem neuen Mauerring. In der Zeit der Da Camino entstanden
auch das Kloster und die Kirche von Santa Giustina (heute ist nur noch die Kirche erhalten), der Dom von
Serravalle und die Scuola dei Battuti.
Der Stadtteil Ceneda erstreckt sich im Süden zur Ebene hin. Seine Ursprünge reichen weit zurück und
der Name erinnert an das keltische Wort Kènet. In der Römerzeit gab es hier Verteidigungsgräben zum
Schutz des Castrums von Serravalle und das gesamte System diente zur Verteidigung der römischen Stadt
Opitergium (heute Oderzo). Mit der Ankunft der Langobarden kann die Stadt ihr Ansehen steigern und
wird Zentrum eines Herzogtums, das sich vom Piave bis zum Tagliamento erstreckt. Nach der Zerstörung
Oderzos wird die Stadt Bischofssitz und erhält 743 vom Langobardenkönig Luitprando die königliche
Anerkennung. 962 bekam Bischof Siccardo die weltliche Gerichtsbarkeit von Kaiser Otto I. übertragen und
die städtische Macht blieb bis 1768 in den Händen der Fürstenbischöfe, die ihre Autonomie gegenüber Venedig behaupten konnten. In diesem Jahr erließ Venedig ein Dekret, welches den Bischöfen jegliches
Recht zur weltlichen Rechtsprechung absprach und ihnen nur die geistliche Macht überließ.
1866 nach dem Zusammenschluss der beiden historischen Gemeinden Ceneda und Serravalle wollte man ein neues Zentrum erschaffen, das der neuen Einheit Ausdruck geben sollte. Das Projekt wurde dem
Architekten Giovanni De Min anvertraut, der die Piazza del Popolo und den Stadtpark etwa auf halber Länge
des heutigen Viale della Vittoria, früher “Viale della Concordia” anlegte. Der Aufstieg ist recht anstrengend,
wird aber durch eine herrliche Aussicht belohnt. 1989 wurden auf diesem Berg archäologische Ausgrabungen durchgeführt, die diverse Fundstücke zu Tage brachten, die dem Heidenkult der frühvenetischen Epoche zuzuordnen sind. Einstmals wurde der Berg Antares oder Colle Maledicto genannt und war eine außerordentlich wichtige Kultstätte der frühen Veneter.
Der radweg entlang des Meschio
Wer ein wenig Zeit zur Verfügung hat, sollte sich eine Radtour oder einen Spaziergang auf dem 5km langen
Radweg, der in Serravalle beginnt und immer den Fluss Meschio entlang bis ans entgegengesetzte Ende
der Stadt führt, nicht entgehen lassen. Hier verbinden sich Landschaft und Geschichte zu einem einmaligen
Erlebnis. Schon seit erdenklichen Zeiten ist der Meschio von ausschlaggebender Wichtigkeit für die Stadt
und entlang seiner Ufer haben sich historische Gewerbebetriebe angesiedelt, von denen heute noch die Reste zu sehen sind. Der Meschio, auf Latein Mesulus (mischen), bezieht sein Wasser aus drei Quellen: denen in Negrisiola, Battirame und Resello. Möchte man diesen Weg radelnd zurücklegen, kann man sich von der Stadt Vittorio zur Verfügung gestellte Fahrräder ausleihen, wenn man sich die Schlüssel vorher im Informations- und Touristenbüro abholt.
Ausflüge in die Umgebung
Fünf Kilometer außerhalb der Stadt, den Hinweisschildern Richtung Cansiglio bis nach Fregona folgend, trifft man im Ortsteil Breda auf die Grotten des Caglieron, einer Klamm, die teilweise auf natürliche Weise durch die Auswaschungen des Baches Caglieron entstanden ist. Andere Höhlen hat der Mensch durch den Abbau von Sandstein geschaffen, der hier„ Pietra dolze“ genannt wird und beim Bau vieler lokaler Gebäude für Tür- und Fenstereinfassungen verwendet wurde. Der Weg führt über Holzstege, die sich an Wasserfällen und Abgründen vorbei durch die Klamm winden bis zu einer alten Mühle, die heute als Restaurant dient. Fährt man weiter auf der Provinzstrasse SP422, erreicht man den Cansiglio-Wald auf einer Hochebene der Karnischen Voralpen gelegen. Das Gebiet gehört zu drei Provinzen: Treviso, Belluno und Pordenone. Die Hochebene vom Cansiglio ist ein ausgedehnter Kessel, dessen Zentrum von drei Senken geformt wird: Pian Cansiglio, Valmènera und Corneséga. Einst der„ Wald der Ruder von San Marco“ genannt und im Besitz Venedigs, stellte sein dichter Buchenwald das Holz zur Herstellung von Rudern und Kohle. Eine andere Charakteristik dieses Karstgeländes ist die große Anzahl von Höhlen, Grotten und Trichtern wie der “Bus della Lùm” und der “Bus della Genziana”. (bus: dialektal für die typischen Karsttrichter). Im Cansiglio fanden während des 2. Weltkriegs die Widerstandsgruppen der Partisanen Unterschlupf. In Valòrch und im Pian Osteria hatten sich im 18.Jh. die Zimbern angesiedelt, eine nordische Volksgruppe, die aus Tirol und Bayern stammte und großes Geschick in der Holzbearbeitung bewies. Auch heute noch kann man einige Dörfer der Zimbern besichtigen, deren Charakteristik in den typischen Holzhäusern besteht. Das Ethnografi sche Museum von Pian Osteria beherbergt auch eine Sammlung von Alltags- und Haushaltsgegenständen. Ein anderer lohnenswerter Abstecher führt zu den Seen von Revine. Wenn man Serravalle auf der Straße nach Valdobbiadene verlässt, stößt man nach ca. 5km auf der linken Seite auf die Seen von Lago und Santa Maria. Diese Seen gehen auf die letze Eiszeit zurück und sind hintereinander 2250m lang und zwischen 8 und 10m tief. Sie sind Überbleibsel eines großen Gletschers, der sich ca. 31.000 Jahre v. Ch. aus diesem Tal zurückzog. Heute sind die beiden Seen durch einen Kanal verbunden und in den Sommermonaten ein viel besuchtes Freizeitgebiet. Richtung Valdobbiadene weiterfahrend, kommt man an dem schönen Ort Cison di Valmarino vorbei, der von dem beeindruckenden Bau des alten Schlosses beherrscht wird. Es wurde 1194 von der mächtigen Familie Da Camino gebaut und ging dann in den Besitz der Familie Brandolini über. Die Straße führt weiter nach Follina, bekannt durch seine alte Zisterzienser-Abtei aus dem 12.Jh. Die Basilika aus dem 14.Jh. ist der Heiligen Jungfrau gewidmet und in vorwiegend gotischem Stil gebaut. Zu dem Komplex gehört auch der romanische Kreuzgang, der zu den schönsten von Zisterziensern in Italien gebauten zählt. Fährt man von Serravalle auf der Staatsstraße SS51 Richtung Belluno, kommt man am See von San Floriano, auch Restello- See genannt, vorbei. Er ist von einem alten Wachturm dominiert, welcher zur Befestigungsanlage des römischen Castrums gehörte. Hinter der Ansiedlung San Floriano führt eine kleine Strasse zum Ufer des Lago Morto, den man auf einem ca. 4km langen Wanderweg umrunden kann.
